Budoor´s langer und weiter Weg in die Welt des Hörens

Erzählt von Monika Lehnhardt, Mai 2015

BudoorEs war das zweite Mal in ihrem Leben, dass Budoor ALI AHMED AL-GUDARI aus Sanaa nach Deutschland kam, in der Hoffnung, wieder hören zu können. 1988 reiste sie als damals 5 jähriges Mädchen mit ihrem Vater zum ersten Mal an. Auch im Jemen hatte sich die Nachricht verbreitet, dass es in Deutschland Ärzte gibt, die taube Menschen aus der Stille holen. Zwei Namen standen auf der Empfehlungsliste – Banfai und Lehnhardt. Warum sie damals bei Banfai in Köln landeten, konnten sie nach so langer Zeit nicht mehr nachvollziehen. Budoor erhielt ein Cochlear Implant der Firma 3 M, von dem sie leider nur sehr eingeschränkt profitierte bis es gänzlich ausfiel.

Der Weg zu einer höheren Ausbildung war dadurch mit größten Anstrengungen verbunden. Immer weniger konnte sie verstehen, warum ihre Familie, Menschen in ihrer Umgebung offensichtlich Angst um sie hatten. Sie hörte nicht, wenn in der Nähe geschossen wurde, wenn Granaten einschlugen. Sie geriet zunehmend in Gefahr. Vater und Tochter beschlossen, den Weg nach Deutschland erneut anzutreten und hofften, mit zehn tausend Euro in der Tasche ein neues Cochlea Implantat für Budoor zu bekommen. Diese Hoffnung zerschlug sich schnell – in Berlin erklärte ihnen ein Hals-Nasen-Ohren Arzt, dass die Kosten mit Operation und Aufenthalt im Krankenhaus ein Vielfaches betragen würde. Zu allem Übel wurden dem Vater wenige Tage später seine zehn tausend Euro gestohlen. Das polizeiliche Protokoll sprach nüchtern von Taschendieben. Eine Aussicht, diese zu finden gäbe es praktisch nicht.

Erste Hilfe kam von Ali Al-Gudari. Er nahm die beiden bei sich in Nürnberg auf, fungierte als Dolmetscher, kontaktierte einige Kliniken, recherchierte und fand dabei auch die Prof. Ernst Lehnhardt-Stiftung. Zu allem Überfluss kam noch der Zeitdruck hinzu. Die Visa liefen bald ab, eine Duldungsbescheinigung durch die Ausländerbehörde in Nürnberg war nur möglich, wenn eine Klinik eine bereits eingeleitete Behandlung bestätigte. Diese aber gibt es nur, wenn die Bezahlung der Behandlung gesichert ist.

Die HNO-Klinik in St. Pölten – mit ihrem Chef Prof. Dr. Georg Sprinzl und der Oberärztin Frau Dr. Astrid Wolf-Magele – die schon einmal in einem ähnlichen Fall aus Kyrgyzstan unbürokratisch geholfen und die Operation kostenlos durchgeführt hatte, erschien uns als Ausweg. Wir versuchten, die Genehmigung für Budoor und ihren Vater zu bekommen, ein Visum beim österreichischen Konsulat in München beantragen zu können. Dies scheiterte an der Weigerung des österreichischen Innenministeriums, das Konsulat zu „ermächtigen“.

Wir suchten nun fieberhaft in Deutschland und fanden Prof. Dr. Tino Just, Chefarzt Klinik für Hals-, Nasen- Ohrenheilkunde in Güstrow, der sich spontan bereit erklärte, die Operation kostenlos durchzuführen. Somit konnte die zuständige Dame bei der Ausländerbehörde in Nürnberg die erforderliche Duldungsbescheinigung ausstellen.

Wir kontaktierten die führende Herstellerfirma Cochlear in Basel, erreichten einen signifikanten Preisnachlass auf das Implantat und stellten einen Sprachprozessor (den externen Teil des CI Systems) bereit, den uns eine deutsche Familie gespendet hatte.
Somit hatte sich die aufzubringende Summe drastisch reduziert und der Vater schaffte es.
Budoor und Begleitung (Ali setzte sich unermüdlich ein) fuhren nach Güstrow. Prof. Just und sein Team nahmen sie herzlich auf. Nach eingehender Diagnostik stand schnell fest: Die Versorgung mit einem CI auf dem unversehrten Ohr ist möglich und aussichtsreich. Die Operation verlief reibungslos. Bis zur Erstanpassung des Sprachprozessors musste eine preiswerte Unterkunft gefunden werden. Auch hier half Prof. Just!

Zu Anpassung kamen dann Klaus Gollnick (Mitglied im Vorstand der Prof. Ernst Lehnhardt- Stiftung), der mich in den letzten Wochen tatkräftig unterstützt hatte und ich. Die Firma Cochlear entsandte einen außerordentlich engagierten und bemühten Mitarbeiter, der die Einstellung professionell und einfühlsam vornahm.

Das war der Moment, auf den wir alle hingearbeitet hatten: Budoor signalisierte klar: „Ich kann hören“.
Wenige Tage später flogen Vater und Tochter zurück nach Sanaa. Mit Ali Al-Gudari sind wir weiter in Kontakt, denn wir wollen sicherstellen, dass Budoor von ihrem CI nachhaltigen Nutzen hat.

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