First trip abroad for Anastasiia – teacher for the deaf – from Kyrgyzstan to Vienna

EURO-CIU NEWSLETTER – MARCH 2023
First trip abroad for Anastasiia – teacher for the deaf – from Kyrgyzstan to Vienna

„Als das Flugzeug langsam in Wien landete, konnte ich es kaum glauben“, sagt Anastasiia mit leuchtenden Augen und voller Erwartung. Für die 27-jährige Therapeutin ist es die erste Reise ins Ausland. Sie ist auf Einladung der Lehnhardt Stiftung zu einem einwöchigen Hospitation gekommen – mit vielen Fragen im Gepäck.

Wie ist die Versorgung hörbeeinträchtigter und gehörloser Kinder in Europa – speziell in Österreich – organisiert? Gibt es ein flächendeckendes Neugeborenen-Hörscreening? Was passiert danach? Haben Kinder mit Hörverlust Anspruch auf ein oder sogar zwei Hörgeräte? Erhalten gehörlose Kinder automatisch ein Cochlea-Implantat – oder auch zwei? Wie sieht es mit der Nachsorge, technischer Betreuung und Rehabilitation aus? Und wer trägt eigentlich die Kosten?

In ihrem Heimatland ist die Situation für hörbeeinträchtigte Kinder bei weitem nicht zufriedenstellend. In den meisten Fällen wird die Hörbeeinträchtigung viel zu spät erkannt. Es sind oft die Eltern, die nach zwei oder drei Jahren irritiert feststellen, dass ihr Kind nicht auf akustische Reize reagiert und nicht zu sprechen beginnt. Von Kinderärzt*innen werden sie häufig beruhigt: man solle Geduld haben – es werde sich schon entwickeln.

Das Neugeborenen-Hörscreening befindet sich durch ein Projekt der Lehnhardt Stiftung mit GIZ und einer Initiative von UNICEF seit einem Jahr in der Pilotphase.

Weder die Regierung noch Krankenkassen übernehmen die Kosten für Hörgeräte, Cochlea-Implantate oder Rehabilitation. Die Folge: lange Wartelisten bei Sponsoren wie dem Ministerium für religiöse Angelegenheiten aus Katar, der deutschen Organisation „Ein Herz für Kinder“, dem türkischen TIKA-Projekt und einigen privaten Förderern.

In Österreich hingegen hat Anastasiia erfahren, dass das Neugeborenen-Hörscreening seit Jahrzehnten gesetzlich vorgeschrieben ist.

An der Universitätsklinik in St. Pölten lernte sie die Organisation des CI-Programms durch ein interdisziplinäres Team kennen: Kriterien zur Auswahl der Patient*innen (einschließlich einseitiger Taubheit), freie Wahl des CI-Herstellers durch die Eltern, 6–7 Anpassungstermine in den ersten zwei Jahren nach der Operation sowie begleitende Rehabilitationsmaßnahmen, darunter auch Musiktherapie.

In Wien verbrachte Anastasiia einen Tag mit Ulrike Rülicke, einer sehr erfahrenen Audiotherapeutin, die mit Kindern und Erwachsenen nach dem natürlichen auditiv-verbalen Ansatz arbeitet. Ihre Institution heißt „dazugehören“ – ein Wortspiel mit dem deutschen Wort „hören“. Ulrikes Fokus liegt auf der Elternberatung: Sie unterstützt Familien dabei, zu verstehen, was in der jeweiligen Entwicklungsphase ihres Kindes wichtig ist, und fördert gezielt die Interaktion. Sie benutzt das Wort „nein“ nur sehr selten und betont: „Sprache entsteht nur, wenn ich Informationen austausche und in einen Dialog trete.“

Anastasiia besuchte auch das VOX-Zentrum für Hörbeeinträchtigte und die ÖCIG (Österreichische Cochlea-Implantat-Gesellschaft).

VOX bietet technische Unterstützung bei Hörgeräten und CIs, Beratung für den Alltag, im Berufsleben oder während des Studiums. Die Organisation arbeitet mit Therapeutinnen, Kliniken und anderen Einrichtungen zusammen. Ein Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern und – nach deutschem Vorbild – stationäre Rehabilitationsmaßnahmen einzuführen, bei denen CI-Trägerinnen für bis zu 12 Wochen ein spezialisiertes Zentrum besuchen, finanziert durch die Krankenkassen.

Die ÖCIG besteht seit 30 Jahren. Ihre Mitglieder beraten Kinder und Erwachsene, helfen bei der Antragstellung gegenüber Krankenkassen und arbeiten aktuell an zwei Projekten: „Listen up!“ – eine Kampagne zur Sensibilisierung für Hörbeeinträchtigungen – und „Easy Rehabilitation“ – die Entwicklung eines Konzepts für stationäre Reha.

Am letzten Tag in Wien traf Anastasiia Dr. Monika Lehnhardt-Goriany und ihren Ehemann Michael. Im Mittelpunkt standen Themen wie Telemedizin, interne Dokumentation und Arbeitsorganisation.

Das Praktikum eröffnete Anastasiia neue Perspektiven, besonders im Hinblick auf die postoperative Rehabilitation und die Zusammenarbeit zwischen Therapeut*innen und Kliniken.

„Ich sehe meine Arbeit jetzt aus einem anderen Blickwinkel und möchte viele der hier erlebten Techniken an die lokalen Gegebenheiten in Kirgisistan anpassen“, sagt Anastasiia, bevor sie sich verabschieden muss.

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