Internationaler Austausch: Hospitation am KMG Klinikum Güstrow

Artikel in Schnecke März 2023

Im Rahmen des Förderprogramms „Klinikpartnerschaften – Partner stärken Gesundheit“ von GIZ begann im August 2020 das Projekt „CI und Langzeitversorgung von tauben Kindern”, das von der Lehnhardt Stiftung betreut wird und eine strukturierte Weiterbildung auf dem
Gebiet Cochlea Implantat Versorgung in Kirgistan ermöglicht. Die Lehnhardt Stiftung und das KMG Klinikum Güstrow haben zwei HNO-Ärzte für eine Woche zur Hospitation in das Klinikum eingeladen. Dr. Cholpon Beisheeva (Chefin der HNO-Abteilung) und Dr. Munar Beishenova (HNO-Ärztin) sind im “National Center of Maternity and Childhood Care” in Bishkek, Kirgisistan, tätig.

Die Hospitation war kurz, aber sehr professionell von Prof. Dr.med. Tino Just und Dr. Blanda Kamin gestaltet. Die Woche hat mit einem Rundgang durch die Klinik begonnen: Besichtigung der Intensivstation, Notaufnahme, HNO-Abteilung, Sterilisationsabteilung, Operationsblock mit Aufwachraum. In diesen Tagen fanden informative Gespräche mit dem Pädiater, der für das Neugeborenen- Hörscreening zuständig ist, mit dem Chef der Radiologie-Abteilung und einer Audiologin statt.
Erklärt wurde das NHS-Protokoll der Klinik, die notwendige Dokumentation, das Patienten Tracking, inkl. derjenigen, die nicht im Krankenhaus geboren wurden. Munar und Cholpon durften bei der Erstanpassung nach der CI Operation bei einem Erwachsenen anwesend sein und Fragen stellen.
In dieser Woche konnten die Hospitierenden bei Operationen, wie Cochlear Implantation oder Tympanoplastik, zuschauen und selbstständig im Labor mit künstlichem Felsenbein arbeiten. Um
eine CI-Operation durchzuführen, muss man ca.100 Felsenbeine präpariert haben.
Ein großer Teil neben den praktischen Übungen war der Dokumentation und Diagnostik gewidmet. Zu den folgenden Themen gab es Präsentationen und Diskussionen: Wie läuft die Auswahl von Patienten für CI und Hörgeräte, wie wird die Patientenberatung organisiert, die Interpretation des CT, MRT des Felsenbeins und des Hörnerven, die Wahl der Elektroden in
Abhängigkeit von anatomischen Verhältnissen, Gusher Phänomen, einseitige Taubheit, Neuropathie, Akustikusneurinom.
Wichtig für die Damen war auch das Protokoll der Positionierungstechnik von Patienten und der Röntgenplatte für eine genaue und optimale Abbildung eines bestimmten Bereichs des Felsenbeins vor und nach der Cochlear Implantation.
Teil des Programms waren ebenfalls interessante Vorträge über neue Produkte – Implantate und Sprachprozessoren für Mittelohr, Innenohr und Knochenleitung– von den Firmen Cochlear, MED-EL und Advanced Bionics.

Ein Besuch der Hörgeschädigtenschule in Güstrow (zuständig für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern) erweiterte das Verständnis der Ärzte. Die Chirurgen wollten nicht nur etwas über Anatomie und Operationen erfahren, sondern auch über die zukünftige Entwicklung von Kindern, die mit einem CI zur Schule gehen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Für Kinder bis 6 Jahre und für Schulkinder gibt es ein Frühförderangebot, das die Kinder einmal pro Woche zu Hause oder in der Kita/Schule begleitet. Die Schule betreut 800 hörgeschädigte Schüler, davon 200 in der Sonderschule Güstrow und 100 Kinder in Regelkindergärten, davon 3 Kinder im Sonderkindergarten Güstrow. In den Klassen sind Kinder mit unterschiedlichen Diagnosen untergebracht: Kinder mit auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen, mit oder ohne Hörgerät bzw. CI. Lehrer verwenden Gesten nur in den Klassen, deren Schüler sie unbedingt brauchen. In naher Zukunft ist geplant, die Gebärdensprache als Pflichtfach – Fremdsprache einzuführen.
Cholpon und Munar besuchten einige Unterrichtsstunden der Klassen der 1. – 9. Jahrgänge. Die Kinder waren aktiv, begrüßten die Besucher und erzählten über ihre Freunde, Lieblingsfächer und Musik.

Die HNO-Ärztinnen bedanken sich bei der Lehnhardt Stiftung und dem HNO-Team des Klinikums und haben Pläne für die Realisierung von einigen Maßnahmen in Kirgisistan, nach dem Motto: Kleine Schritte führen zum großen Ziel.
“Wir bedanken uns für die Zeit und Mühe, die Sie in der Woche unserer Hospitation in uns investiert haben. Wir haben uns sehr gefreut, ein kleiner Teil Ihres eingespielten Teams zu sein und hoffen, dass der Teamgeist und die Einstellung zueinander, sowie die Patienten in
unserer Abteilung auf dem gleichen Niveau sein werden wie im KMG Güstrow. Trotz der kurzen Zeit konnten wir viel mitnehmen und möchten später ein Feedback geben, was wir in unserem Krankenhaus einführen konnten, das wir in der Praxis gesehen haben, was es braucht, die Routinearbeit der Ärzte zu erleichtern und zu beschleunigen, und was hilft, diese zu organisieren und zu strukturieren.”

Liubov Wolowik
Mitglied im Vorstand der Lehnhardt Stiftung

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